Droht nun die Cum/Cum-Strafverfolgungswelle?

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Zum Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. Juli 2021

An die unzähligen Strafverfahren und die unüberschaubare Anzahl von Beschuldigten im Zusammenhang mit Cum/Ex-Transaktionen hat sich die Praxis der Strafverteidigung (fast) gewöhnt. Droht nun dasselbe im Zusammenhang mit Cum/Cum? Vor dem Hintergrund des Rundschreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. Juli 2021 (Az. IV C 1 – S 2252/19/10035) ist dies jedenfalls nicht auszuschließen, auch wenn die steuerrechtliche Bewertung dieser Geschäfte noch offen ist.  

Cum/Cum-Transaktionen

Unter Cum/Cum-Transaktionen versteht man Aktiengeschäfte, bei denen die Lieferung von Aktien mit Dividendenanspruch vereinbart wird und solche Aktien spätestens am Tag der Hauptversammlung der die Dividende ausschüttenden Gesellschaft (sog. Dividendenstichtag) auch geliefert werden. Solche Geschäfte sollen – jedenfalls inzwischen – fragwürdig sein, weil ein ausländischer Aktieninhaber (sog. Steuerausländer) einer deutschen Gesellschaft (sog. Steuerinländer) den Aktienbesitz nur deshalb verschafft haben soll, um keine Kapitalertragsteuer zahlen zu müssen. Der Gewinn der Cum/Cum-Transaktionen soll letztlich überwiegend dem Steuerausländer zugeflossen sein, aber auch der Steuerinländer soll einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten haben.

Unterschied zu Cum/Ex-Transaktionen

Anders als bei den schon umfassend diskutierten Cum/Ex-Transaktionen wurde bei Cum/Cum-Geschäften nicht eine nur einmal geleistete Kapitalertragsteuer doppelt oder mehrfach erstattet, sondern es wurde lediglich eine geleistete Steuer zurückerstattet wie dies, wenn inländische Unternehmen Aktien anderer Unternehmen halten, regelmäßig der Fall ist.

Keine Anrechnung der Kapitalertragsteuer laut Rundschreiben

Nach dem Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. Juli 2021 soll bei Cum/Cum-Geschäften das sog. wirtschaftliche Eigentum an den Aktien nun regelmäßig nicht an den Steuerinländer übertragen worden sein mit der Folge, dass der Steuerinländer die Kapitalertragsteuer nicht hätte anrechnen dürfen. Grund hierfür sei, dass der Steuerinländer bei Cum/Cum-Transaktionen weder den üblichen Chancen noch den Risiken von Aktiengeschäften ausgesetzt gewesen sei, sondern das Geschäft gegen Kursschwankungen abgesichert gewesen wäre. Das Schreiben, das die Finanzbehörden bei ihrer Verwaltungstätigkeit grundsätzlich zu berücksichtigen haben, soll auf alle noch offenen Fälle angewendet werden.

Das Rundschreiben steht zwar grundsätzlich im Einklang mit einer Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts vom 28. Januar 2020 (Az. 4 K 890/17). Ob dies die Rechtsauffassung ist, die sich letztlich durchsetzen wird, ist noch offen und es sprechen jedenfalls bei Altfällen aufgrund der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung gute Gründe dafür, von einer steuerrechtlichen Zulässigkeit dieser Geschäfte auszugehen.

Steuerstrafrechtliche Implikationen des Rundschreibens

Die Steuerstrafverteidigung lässt aber aufhorchen, dass in diesem Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen auch darauf hingewiesen wird, das bei Cum/Cum-Sachverhalten eine Berichtigungspflicht nach § 153 AO bestehen könne. Eine solche Pflicht besteht nur, wenn die Steuer unrichtig oder unvollständig erklärt wurde und es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder gekommen ist. Besteht eine Pflicht zur Berichtung heißt dies, dass grundsätzlich auch der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt sein kann, da dieser unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, die zu einer Steuerverkürzung geführt haben, unter Strafe stellt. Außerdem kann die unterlassene steuerliche Berichtigung selbst Ansatzpunkt für eine Steuerhinterziehung sein, auch dann, wenn derjenige, der die Berichtung unterlässt, an der ursprünglichen Steuererklärung nicht beteiligt war.





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